Unsere Rede zum Haushalt 2025

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Gäste,

frei nach Konfuzius möchte ich beginnen. „Sage mir die Vergangenheit und ich zeige dir die Zukunft.“

1989 habe ich das erste Mal hier gestanden, um zum Haushaltsentwurf 1990 Stellung zu nehmen.

Diese und jede weitere Haushaltsrede begann ungefähr mit den Worten, dass dem jeweiligen Kämmerer – ich durfte drei kennenlernen – für seine korrekte Haushaltsführung und seine fachkundigen Erläuterungen zu danken sei. Die aktuelle Lage sei schwierig und die Aussichten für die Folgejahre düster.

Dem ist auch heute – fünf Bürgermeister und 35 Jahre später – nichts hinzuzufügen. Vielen Dank Norbert Schmitz!

Und die meisten unserer Stellungnahmen endeten mit den Worten:
Trotz einiger richtiger Schritte kann der Haushalt in ökologischer und sozialer Hinsicht nicht genügen. Die wichtigen Nachhaltigkeitsaufgaben werden nur halbherzig angegangen oder hinausgeschoben und zu Lasten nachfolgender Generationen angehäuft.

Trotzdem ist einiges passiert, was jahrzehntelang nicht möglich war, weil schon allein ein Antrag der GRÜNEN Aversionen hervorrief und ruft. An nur einem Beispiel möchte ich aufzeigen, was ich meine.

1989 schlugen wir vor, eine Stelle für einen Umweltbeauftragten einzurichten. Seine Aufgabe sollte es sein, die verschiedenen Ämter, insbesondere Planungs- Hoch- und Tiefbauamt, aber ebenso Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich umwelt- und klimarelevanter Maßnahmen zu beraten, Förderprogramme zu erschließen, summa summarum sich der Thematik als Querschnittsaufgabe anzunehmen. Damals schrieb ich unter anderem als Begründung, es sei leider ein frommer Wunsch, dass jeder Verwaltungsmitarbeiter ein Ökologe sei, der stets die Nachhaltigkeitsziele vor Augen habe und danach handele.
Solche Umweltbeauftragte heißen heute Klimaschutz- und – weil uns die Folgen des Klimawandels bereits eingeholt haben – Klimaanpassungsmanager. 27 Jahre nach unserem Antrag, nämlich 2016, begann unser Klimaschutzmanager Oliver Franz seine segensreiche Tätigkeit. Leider hat er seinen Job aufgegeben. Dass er nicht genug zu tun hatte, war sicher nicht der Kündigungsgrund und wir hoffen, die Position zeitnah wieder mit einem fähigen Menschen besetzen zu können.

27 Jahre vom Antrag bis zur Umsetzung. Ein Beispiel von vielen in den letzten 35 Jahren.

Wie gesagt, trotzdem wurde einiges erreicht. Viele unserer Anträge sind heute umgesetzt. – Aber leider nur auf Umwegen: verteufeln – ablehnen – warten – noch einmal warten – in eine andere Form gießen und von anderer Seite oder als Verwaltungsvorlage erneut einbringen. Erst dann: Applaus und Zustimmung durch die Ratsmehrheit.

Vorteilhaft wäre es allerdings, wenn nicht immer so viele Jahre zwischen unseren Anregungen und deren Verwirklichung liegen würden. Uns läuft die Zeit davon.
Das zeigen die Bilder der Fluten, Dürren, Feuer und Stürme des Jahres 2024.

Die von Wissenschaftlern seit Jahrzehnten exakt berechneten Folgen des menschengemachten Klimawandels sind keine Zukunftsszenarien mehr, sie haben unser Hier und Jetzt erreicht.

Die Verschieberitis der vergangenen 35 Jahre können wir uns nicht mehr leisten. Sie kommt uns teuer zu stehen.
Die Förderung klimaschützender und Klimafolgen ausgleichender Maßnahmen ist kein Luxus. Sie ist eine notwendige Korrektur der Fehler und Versäumnisse, des Zauderns und Zögerns der vergangenen Jahrzehnte.
Wer hier und heute immer noch diskutiert, ob diese Korrektur noch weiter verschoben werden kann, weil die – vergleichsweise geringen – Kosten zu hoch erscheinen, der sollte das Wort Generationengerechtigkeit nicht in den Mund nehmen.
Zur Generationengerechtigkeit gehört mehr als nur eine geordnete Haushaltskasse, eine – zumindest halbwegs – intakte Umwelt gehört auch dazu!

Wenn wir bei unserer jetzigen Geschwindigkeit – also beim Schneckentempo – bleiben, dann werden die Klimafolgekosten jede, noch so prall gefüllte Ausgleichsrücklage im Sturm hinwegfegen.

Es ist daher kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, den Einsatz regenerativer Energien im öffentlichen Raum zu beschleunigen und im privaten Bereich zu fördern.
Es ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, Flächen im öffentlichen Raum, wie z.B. Schulhöfe, zu entsiegeln und zu grünen Oasen umzugestalten, nicht anders verhält es sich mit der leidigen Problematik der Schottergärten.

Dass das Förderprogramm Klimaschutz im Haushalt steht, begrüßen wir, aber es ist zu wenig. Auch hier nur „Schneckentempo“. Bei Auflage des Förderprogramms war eine jährliche Aufstockung geplant. Eine solche hat es bisher nur einmal gegeben. Eine Kröte, die für uns Grüne nur schwer zu schlucken ist. Es ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, steigenden Energieverbrauch durch die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude zu bremsen.

Hier bietet der vorliegende Haushalt Lichtblicke. Investitionen in Höhe von mehr als 12 Millionen Euro, die nicht weiter verschoben werden dürfen, sondern zügig umgesetzt werden. Hier nenne ich besonders

  • die energetischen Sanierungen der Mehrzweckhallen von Schwa-nenberg und Lövenich, der Grundschulen von Kückhoven und Hou-verath, sowie der Kita Westpromenade
  • den Umbau und die Sanierung der MZH Kückhoven
  • die Umrüstung diverser Gebäude und Flutlichtanlagen auf LED-Beleuchtung
  • umfangreiche Umrüstungen von Straßenbeleuchtung auf Energiespartechnik
  • und schließlich auch der Neubau des Anbaus des Cusanus Gymnasium inklusive der Energiezentrale

Hier erwarten wir jedoch, dass die Umstellung der Wärmeversorgung auf regenerative Energien nicht nur geprüft wird, wie es im Haushalt heißt, sondern, dass im kommenden Haushalt 2026 auch die Mittel für die Umstellung bereitgestellt werden.

Es ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, Bäume zu pflanzen. Nicht nur nachzupflanzen, sondern den Bestand der Bäume im Stadtgebiet zu erhöhen. Hier ging es in den letzten Jahrzehnten nicht einmal im Schneckentempo voran. Hier herrschte Stillstand, in manchen Jahren sogar Rückschritt.

Mit unserem Antrag zum Bürgerwald wollten wir ein wirkliches Plus erreichen. Und unsere Bürgerinnen und Bürger haben in beeindruckender Weise mitgemacht. Der erste Teil der hierfür vorgesehen Fläche ist komplett bepflanzt. Wenn aber die Spenden unserer Bürgerinnen und Bürger zur Kompensierung der jährlichen städtischen Baumfällungen herangezogen werden, dann konterkariert das das gesamte Vorhaben und führt zu keinem wirklichen Mehrwert für Mensch und Umwelt.

Auch hier findet sich ein Lichtblick im vorliegenden Haushalt: Mittel in Höhe von 300.000 € aus einem Landesprogramm, mit dem zusätzliche Baumpflanzungen mit 80% gefördert werden.

Wir erwarten jedoch, dass die bei der Stadt Erkelenz verbleibenden 20% auch tatsächlich von ihr getragen werden. Die Baumspenden der Bürgerinnen und Bürger dürfen keinesfalls zur Schönrechnerei einbezogen werden.

Es ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, dem Fahrradverkehr einen steigenden Anteil im öffentlichen Verkehrsraum zukommen zu lassen und den Bürgern so kostengünstige Mobilität zu ermöglichen und gleichzeitig Umweltbelastungen zur verringern.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Mobilität in Erkelenz unabdingbar! Für eine ländliche Kommune gehört auch der Autoverkehr dazu. Daher haben wir für den Bau des Parkhauses gestimmt. Aber genauso wie wir den Bedürfnissen der Menschen Rechnung tragen, die mit dem Pkw in die Innenstadt fahren müssen, tragen wir Verantwortung für die Menschen, welche diesen Weg mit dem Fahrrad zurücklegen möchten.

Die Umsetzung des Fahrradroutenkonzeptes ist daher für uns unverzichtbar.
Dass wir die nötigen Mittel hierfür im vorliegenden Haushaltsentwurf vorfinden, begrüßen wir daher ausdrücklich.

Gestatten Sie mir noch einen kurzen Exkurs zur Finanzierung des Parkhauses.
Wir haben das Parkhaus und auch den Grunderwerb am Mennekrather Kirchweg aus unseren liquiden Mitteln finanziert. Das hat letztlich dazu geführt, dass im Haushalt nun erstmals seit vielen Jahren wieder Kredite zur Liquiditätssicherung vorgesehen sind.
Aus GRÜNER Sicht wäre dies vermeidbar gewesen. Für Investitionen, besonders wenn diesen Einnahmen gegenüberstehen, ist eine teilweise Fremdfinanzierung, kein Teufelszeug. Private Betreiber von Parkhäusern und Immobilienunternehmen finanzieren ihre Investitionen auch nicht zu 100% aus der Portokasse und machen dennoch gute Gewinne.

Schulden für den Konsum sind schlecht. Schulden für Investitionen, die der Höhe nach klar an bestimmte Rahmenbedingungen geknüpft sind, können durchaus ein solides Mittel der Finanzierung sein. So verfahren erfolgreiche Unternehmen und so verfahren bodenständige Privatpersonen, z.B. beim Hausbau. Und so sieht es auch die Betriebswirtschaftslehre. Dass ausgerechnet die FDP, die einzig wahre Wirtschaftspartei überhaupt, diese Grundlagen nicht zu kennen scheint, verwundert doch sehr.
Das hätte ich mir vor 35 Jahres nicht träumen lassen, dass wir, eine als wirtschaftsfeindlich verschriene Ökopartei, der FDP einmal etwas von den Grundsätzen der Betriebswirtschaft erzählen müssen.

Zurück zum Haushalt. Die im Haushalt ausgewiesene Neuverschuldung ist für uns moderat und vertretbar. Sie muss aber klar an bestimmte Investitionen geknüpft sein und darf nicht einfach zum Stopfen irgendwelcher Haushaltslöcher herangezogen werden. Die Befürchtung, dass hierdurch nur Begehrlichkeiten geweckt werden, teilen wir nicht. Im Gegenteil, wir trauen den Mitgliedern dieses Rates durchaus zu, sehr verantwortlich mit diesem Finanzierungsinstrument umzugehen.

Wir GRÜNE stehen auch ausdrücklich hinter den Steuererhöhungen, die dieser Haushalt vorsieht. Auch sie sind aus unserer Sicht angemessen und moderat. Wir begrüßen, dass eine große Mehrheit in diesem Rat den Mut gefunden hat, den Bürgerinnen und Bürgern reinen Wein einzuschenken und die Steuererhöhungen nicht auf einen Zeitpunkt nach der Kommunalwahl zu verschieben.
Wir GRÜNE stehen auch hier für Ehrlichkeit und Transparenz. Wir sind froh, dass an diesem Punkt gemeinsam zügig gehandelt wird, ohne die altbekannte ängstliche Verschieberitis. Diese hätte sich – auch hier – negativ auf künftige Haushalte auswirkt.

Dem zu Anfang genannten Zitat von Konfuzius mochte ich am Ende ein Zitat von Albert Einstein gegenüberstellen: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“
Die Zukunft wird aktuell von Vielen als düster beschrieben. Oft werden damit bewusst Ängste geschürt. Ohne die Dinge beschönigen zu wollen, möchten wir GRÜNEN nicht in diese Untergangsrhetorik einstimmen.

Ja, es gibt Krisen und Umbrüche, Kriege, Katastrophen und das Wiedererstarken längst überwunden geglaubter totalitärer Strömungen. Aber das ist alles nicht gottgegeben. Wir können etwas dagegen tun!
Wir können uns dabei aber nicht auf alten Lorbeeren ausruhen oder auf ein „das war schon immer so“ zurückziehen. Wir müssen neue Wege wagen und diese tunlichst nicht im Schneckentempo beschreiten. Wenn das in konstruktiver Zusammenarbeit aller Demokraten geschieht, dann haben wir den Schwarzmalern etwas entgegenzusetzen. Dann können wir große Aufgaben meistern und Krisen überwinden. Das ist meine feste Überzeugung, heute genauso wie vor 35 Jahren.

Bündnis 90/Die Grünen stimmen dem vorliegen Haushalt mehrheitlich zu.

Die Vorteile überwiegen die Kröten, die wir zu schlucken bereit sind. Uns treibt die Hoffnung auf eine künftig deutlich schnellere Gangart im Bereich des Klima- und Umweltschutzes.

Unser Ziel: Hier künftig genauso konsequent und entschlossen voranzuschreiten, wie bei der Entschuldung unseres Haushalts in den vergangenen Jahren. Nur wenn wir auch hier ähnlich erfolgreich sind, hinterlassen wir künftigen Generationen eine lebenswerte Stadt.

Mein persönlicher Wunsch, in dieser meiner letzten Haushaltsrede: Mut.
Mut, neue Wege zu gehen. Zum Beispiel, die Grenzen des Wachstums kritisch zu hinterfragen, wie es schon der Club of Rome 1972 in seiner nach wie vor aktuellen Studie getan hat.
Mut, sich auf alte Werte zu besinnen. Zum Beispiel Maßhalten! Auch beim Flächenverbrauch, beim Ausweisen von Gewerbe- und Wohnflächen. Möglicherweise wären die Mehraufwendungen für eine Berufsfeuerwehr nicht entstanden, wären wir in der Vergangenheit weniger in die Breite gegangen. Weniger kann mehr sein.
Mut, den Menschen immer wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Migranten und Bürgergeldbezieher nicht als den einzigen Grund für sämtliches Übel dieser Welt auszumachen.
Mut, als Demokraten zusammenzustehen, über Parteigrenzen hinweg.

Vielen Dank.

Beate Schirrmeister-Heinen
Fraktionsvorsitzende

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