Politik für alle ist keine Männersache

Partizipation und Gleichberechtigung in der Politik – warum ist das für Grüne wichtig? Und warum ist es wichtig, dass mehr Frauen in den Erkelenzer Stadtrat einziehen?

Von Hans-Josef Dederichs

Schaut man sich den aktuellen Rat der Stadt Erkelenz an, stellt man fest, dass von den 47 Ratsmandaten nur neun von Frauen besetzt sind. Von diesen neun Frauen gehören zwei der CDU an – von derzeit 21 Mandaten – , ebenfalls zwei der SPD  – von derzeit 9 Mandaten – und fünf Frauen gehören der neunköpfigen grünen Ratsfraktion an. FDP, FW/UWG und Bürgerpartei haben überhaupt kein Mandat an Frauen vergeben. Für sie ist Politik anscheinend Männersache.

 

 

Warum sind Frauen in der Politik wichtig?

Als Mann habe ich, vor allem in meinem Beruf als Polizeibeamter, auch lange die Ansicht vertreten, jeder solle nach Leistung und Befähigung und nicht nach seinem Geschlecht beurteilt werden. Zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn war oft die Rede von Quotenfrauen. Als Leiter einer Dienstgruppe, die am Anfang fast nur männlich besetzt war, habe ich gelernt, wie Frauen die Sichtweise der Gruppe verändern können. Und zwar positiv.

So ist es auch in der Politik. Frauen ändern die Sichtweise auf Probleme. Frauen arbeiten ebenso zielorientiert, häufig aber menschlicher. Diese Erweiterung der Perspektive hat zur Folge, dass gerade die grüne Fraktion immer wieder Kompromisse in der Ratsarbeit vorschlagen kann, die überzeugen und denen man sich gerne anschließt. Das Stichwort hier: Entlohnung von Tagesmüttern und -vätern in Ausfallzeiten der Kinder und der Tagespflegepersonen.

 

Frauen stellen mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Sie haben längst ihren gleichberechtigten Platz in der gesamten Gesellschaft eingenommen und vertreten ihre Meinungen und Interessen. Zurecht bekleiden Frauen ihre Führungspositionen in Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Trotzdem erleben viele durch ihren Alltag als Mutter und „Familien-Managerin“, aber auch als Rentnerin die Umstände in ihren Wohnorten oftmals hautnah und anders als Männer. Daher können sie Entwicklungen und Chancen oftmals besser einschätzen. Darüber hinaus bringen sie neben ihren unterschiedlichen beruflichen Professionen jede Menge Fachkompetenz in den Bereichen Networking, Versorgungs- und Einkaufsinfrastruktur sowie Schaffung von Möglichkeiten der Kinderbetreuung, sicheren Straßenraums und ansprechende, sichere und familiengerechte  Aufenthaltsmöglichkeiten mit. Darum setzt Stadtplanung aus Sicht von Frauen andere Schwerpunkte.

 

Der hohe Frauenanteil bei den Erkelenzer Grünen ist ein echter Vorteil in der Umsetzung praktischer Politik. Es wundert mich sehr, dass andere Fraktionen dies immer noch nicht erkannt haben und die Zusammensetzung ihrer Kandidatenlisten nicht sorgfältiger planen. Letztendlich wäre es ein Standortvorteil für ganz Erkelenz, wenn sich unsere Politik mehr an den Bedürfnissen aller Bürger*innen ausrichten würde. Dafür müssen jedoch über 50 Prozent der Bürger viel stärker im Rat und den Gremien vertreten sein, weil es Bürgerinnen sind!

 

 

Stichwort Quotenfrauen

Bei den Grünen ist das schon lange kein Thema mehr. Für uns ist es eben nicht die Ausnahme, dass Frauen Ratssitze einnehmen. Für uns ist völlig normal. Und ich bin sehr stolz darauf, dass darüber niemand mehr diskutiert. Es ist normal und es macht uns einfach besser.

Daher freuen wir Grüne uns sehr darüber, dass wir gleich 15 der insgesamt 22 Wahlbezirke mit Frauen besetzen konnten. Würden die Grünen in allen Wahlbezirken das Direktmandat erringen,  hätte Erkelenz zum ersten Mal die Chance auf einen Rat, der eine echte gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen repräsentiert. Auf unserer Reserveliste wechseln sich Frauen und Männer ab, wobei die ungeraden Plätze regelmäßig und grundsätzlich an Frauen vergeben werden, so dass immer sichergestellt ist, dass mindestens die Hälfte der Grünen Fraktion weiblich ist.

 

Ähnlich ist es bei der Berücksichtigung des Alters der Ratsmitglieder

Die grüne Fraktion stellt mit Dignanlley Meurer das jüngste Ratsmitglied und mit Uli Wendt das älteste. Auch das ist ein Vorteil grüner Politik. Durch die Berücksichtigung jeden Alters in unserer Fraktion ist es uns auch hier möglich, viele Verwaltungsvorlagen aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.

Auch bei dieser Wahl konnten wir junge Menschen wie z.B. Lena Lenz (23 Jahre) dazu begeistern, sich um ein Direktmandat zu bewerben. Lena tritt im Wahlbezirk 6, Oerather Mühlenfeld, an. Gerade in einem Wahlbezirk mit vielen jungen Familien finden wir es sehr wichtig, dass sich junge Menschen für die Gestaltung des Wohnumfeldes einsetzen. In Erkelenz finden Kinder bis rund zwölf Jahre zwar ein qualitativ gutes Freizeitangebot, für Kinder und Jugendliche ab 13 sieht es dagegen nicht besonders interessant aus. Und wenn wir nicht wollen, dass 16-jährige abends auf Spielplätzen abhängen, müssen wir ihnen Treffpunkte anbieten, an denen sie sich auch wohl fühlen. Lena und unsere anderen jungen Ratsbewerber*innen, Inga Menzel (23), Johannes Schroer (24) und Dignanllely Meurer (29), werden sich dieser Aufgabenstellung annehmen und das ist auch gut so.

 

 

Förderung eines Jugendparlamentes

Wir werden auch die Einrichtung eines Jugendparlamentes fördern, damit die Stimmen der Jugendlichen in der Erkelenzer Politik besser vernommen werden. Dazu müssen alle Parteien bei der Aufstellung ihrer Bewerberlisten darauf verzichten, nur ihre „Platzhirsche“ zu berücksichtigen. Wichtig ist, dass regelmäßig junge Menschen eine Chance erhalten, Politik mitzugestalten. Seniorenbeiräte und Jungendparlamente sind als beratende Gremien mit Sachwissen immer noch sehr wichtig. Die Vorschläge aus diesen Beiräten würden dann von stimmberechtigten Ratsvertreter*innen vorgebracht, die diesen Gruppen angehören und auch über eigenes, aktuelles Wissen in diesen Bereichen verfügen.

 

Politische Diskussion ohne Fraktionszwang

Wir kommen jetzt zu einem weiteren, ganz wesentlichen Punkt grüner Ratsarbeit: der politischen Diskussion. Die Grünen sind die einzige Fraktion im Erkelenzer Rat, in der es keinen Fraktionszwang gibt. Das heißt, wir diskutieren die Tagesordnung im Vorfeld der Sitzungen bei unseren Fraktionstreffen und versuchen, zu einer einheitlichen Meinung zu kommen. Anders als in allen anderen Fraktionen ist die einheitliche Meinung unserer Ratsmitglieder aber nicht zwingende Voraussetzung. Mit anderen Worten: wir sind die einzige Fraktion im Rat, die nach den Grundsätzen des Grundgesetzes abstimmt, nämlich ohne Vorgaben. Diese grüne Haltung beinhaltet auch, dass jedes grüne Ratsmitglied auch sein Rederecht wahrnimmt und aktiv Argumente einbringt.

Das führte in einer Sitzung schon dazu, dass ein Ratsherr der CDU aus Schwanenberg in dieser Legislaturperiode in den Ratssaal rief: „Kann denn bei den Grünen jeder reden? Das dauert ja ewig!“. Noch besser als dieser Satz war die Reaktion des völligen Unverständnisses der CDU-Fraktion auf unsere Erheiterung. Ich glaube, wer im Rat nicht bereit ist, für seine Meinung auch einzustehen, sich in Diskussionen und Abstimmungen einzubringen, sollte sich eine andere Berufung suchen. Es ist nicht selten, dass Mitglieder anderer Fraktionen nach einer Sitzung zu uns kommen und ihrem Herzen Luft machen, indem sie sinngemäß sagen: „Eigentlich habt ihr Recht! Aber wenn ich mit euch gestimmt hätte, wäre ich in unserer Fraktion unten durch!“ Solche Sätze kommen übrigens nicht nur von CDU-Mitgliedern.

 

Unser persönliches Fazit für die Ratsarbeit

  • Im Rat der Stadt Erkelenz sollten Frauen gleichberechtigt Politik gestalten können.
  • Junge, Alte, Menschen mit und ohne Familie, egal welcher Abstammung und Hautfarbe, sollten Probleme offen diskutieren und Entscheidungen treffen, die allen Bürger*innen unserer Stadt eine Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen.
  • Dazu gehört eine Diskussionskultur, in der alle Alternativen besprochen und bewertet werden.

 

Dafür stehen die Grünen im kommenden Rat

  • Auch weiterhin den höchsten Frauenanteil im Rat und die Altersgruppen abbilden
  • Alle Menschen gleich welcher Herkunft erhalten Gestaltungsmöglichkeit
  • Bürger*innen erhalten ein Rederecht auf den Bezirksausschusssitzungen
  • Digitale Teilhabe an den Ratssitzungen ermöglichen
  • Die Möglichkeit, Fragen digital an den Bürgermeister und die Fraktionssprecher*innen zu stellen und in einem regelmäßigen Blog beantwortet zu bekommen
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